Pilz-Orzotto – Krause Glucke – Vogelbeeren

Herbstzeit ist Waldpilzzeit. Dieses Pilz-Orzotto mit gebratener Krause Glucke, fermentierter Pilzsauce und eingelegten Vogelbeeren ist einfach nur lecker. Pilzgeschmack pur – mehr geht nicht! Ein absolutes Highlight für alle Pilzliebhaber.

Heute gibt es bei mir ein leckeres Pilz-Orzotto mit gebratener Krause Glucke, fermentierter Pilzsauce und eingelegten Vogelbeeren. Das perfekte Essen für alle Pilzliebhaber. Das Gericht ist relativ spontan entstanden und einem glücklichen Umstand geschuldet. Welcher das ist und wie das Gericht entstanden ist, kannst du hier nachlesen. Falls Dich die Story nicht interessiert, kannst du auch direkt zum Rezept springen. Aber Du solltest auf jeden Fall das Rezept nachkochen – es lohnt sich!

Wenn der Vater mit dem Sohne …

… in den Wald geht. Mein Vater war ein leidenschaftlicher und meist erfolgreich Pilzsammler. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich ihn als Kind oft beim Pilzsuchen begleitet habe. Allerdings hielt sich mein Interesse am Suchen damals stark in Grenzen. So ist aus mir zwar ein großer Pilzliebhaber, aber leider kein besonders erfolgreicher Pilzsucher, geworden. Allenfalls könnte man mich einen glücklichen Pilzfinder nennen – d.h. ab und zu stolpere ich durch Zufall über Waldpilze. Gehe ich indes mit der Intension, Pilze zu sammeln, in den Wald, bleibt mein Korb leer. Zumindest bis zu diesem Wochenende. Im Gegensatz zu sonst, hat mich dieses Mal mein Sohn begleitet. Er hat sich als wahrer Glücksbringer erwiesen, denn im Gegensatz zu mir, hat er sich durch dichtes Unterholz geschlagen und dabei eine wunderbare Pilzstelle entdeckt. Als er mich zu sich rief, um mir die Stelle zu zeigen, bin ich an einer schönen Krause Glucke (Sparassis crispa) vorbeigekommen, die den Grundstein für dieses Rezept legte.

Die Krause Glucke

Die Krause Glucke – auch Fette Henne genannt – ist ein hervorragender und sehr ergiebiger Speisepilz, der jetzt im goldenen Herbst häufig an der Stammbasis von Kiefern zu finden ist. Der Fruchtkörper hat ein markantes Erscheinungsbild, das etwas an einen Badeschwamm erinnert oder eben an eine aufgeplusterte Glucke auf ihrem Nest. Die Krause Glucke hat einen würzigen – leicht nussigen – Geschmack und ein herrliches Waldaroma, das ich überaus schätze. Neben den typischen Pilzdüften 1-Octen-3-ol, 3-Octanol und 3-Octanon, tragen auch blumige Duftkomponenten – wie Nonanal, Decanal & Phenylacetaldehyd –, sowie das fruchtige 4-Methylbenzaldehyd zum Bouquet bei [1].

Strukturformeln der flüchtigen Duftstoffe der Krause Glucke (Sparassis crispa)

Ein großer Pluspunkt der Krause Glucke ist ihre stattliche Größe – ein Gewicht von 2-3 kg ist keine Seltenheit. Mein Exemplar hatte etwa 1,5 kg auf die Waage gebracht, was aber immer noch für vier Personen ausreicht. Falls Du selbst kein Pilzsammler bis – oder werden willst – hast Du jetzt im Oktober das Glück, dass frische Krause Glucken ziemlich häufig auf den Wochenmärkten angeboten werden. Also gibt es eigentlich keinen Grund, das Rezept nicht nachzukochen.

Krause Glucke oder Fette Henne (Sparassis crispa)

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen

Wenn Du die Krause Glucke vor dir in der Küche liegen hast, geht es erst einmal ans Putzen. Das gestaltet sich leider etwas aufwendiger, als bei anderen Waldpilzen. Zum einen ist der Pilz recht brüchig und zum anderen ist es auf Grund seiner Morphologie mit einfachem Abbürsten nicht getan. Ich zerteile den Pilz daher in faustgroße Stücke, schüttle eventuell enthaltene Insekten heraus und überbrühe ihn dann mit kochendem Wasser – dadurch wird der Fruchtkörper elastisch. Anschließend kommen die Stücke in kaltes Wasser und können dort dann von etwaigem Schmutz befreit werden. Nach dem Putzen werden die Pilzstücke ausgedrückt, um möglichst viel Wasser zu entfernen, und bis zur Zubereitung im Kühlschrank aufbewahrt.

Die Zubereitung selbst ist denkbar einfach. Zuerst portionierst Du den Pilz in mundgerechte Stücke und brätst diese etwa 5 Minuten in Butter an. Nun noch mit Salz und Pfeffer abschmecken und fertig zum Servieren.

Was ist Pilz-Orzotto?

Du weißt nicht was ein Orzotto ist? Nun, das Orzotto hat seinen Ursprung in Norditalien und ist vor allem im Friaul und der Region Trentino-Südtirol weitverbreitet. Es wird wie ein Risotto zubereitet, nur eben nicht mit Reis, sondern mit Perlgraupen, also Gerste – italienisch orzo. Als Gerstengraupen werden Körner bezeichnet, die zuvor geschält und poliert wurden. Ganze Körner werden als Rollgerste bezeichnet, geschnittene Körner – wegen der runden Form – als Perlgraupen.

Perlgraupen aus Gerste

Für mein Pilz-Orzotto verwende ich meine selbstgemachte Pilzbrühe (nach diesem Grundrezept). Die verleiht dem Orzotto eine herrlich Pilznote und ganz viel Umami. Zunächst röstest Du die Perlgraupen trocken in einer Pfanne an, bis sie gut gebräunt sind und einen nussigen Duft verströmen. Dann löschst Du die Perlgraupen mit dem alkoholfreien Riesling ab, und lässt diesen fast vollständig einkochen. Währenddessen dünstest Du kleingeschnittene Zwiebelwürfel in etwas Butter an und gibst diese zu den Perlgraupen. Nun gießt Du – wie beim Risotto – nach und nach schöpferweise die Pilzbrühe zu bis die Gerstengraupen „al dente“ sind. Das dauert etwa 20 bis 30 Minuten. Immer wieder Umrühren nicht vergessen! Kurz vor dem Servieren reduzierst Du die Hitze, bevor Du die Butter und den geriebenen Bergkäse unterrührst, um dem Pilz-Orzotto den letzten Schliff und den typisch sämigen Schmelz zu verleihen.

Fermentierte Pilzsauce

Die Idee für eine fermentierte Pilzsauce kam mir, als ich vor einigen Jahren in „Das Noma-Handbuch Fermentation“ auf die laktofermentierten Steinpilze von René Redzepi und David Zilber gestoßen bin. Für die Fermentation schneidest Du frische Pilze in dünne Scheiben, vermischst diese mit Salz (etwa 2-2,5 % des Pilzgewichtes) und vakuumierst das Ganze. Anschließend musst Du nur noch eine Woche warten und die Milchsäurebakterien ihre Arbeit machen lassen. Fertig!

Laktofermentiere Champignons

Noch nicht ganz, wenn man es genau nimmt. Du musst noch die Pilze in ein Sieb abschütten und den Saft auffangen – diesen brauchst Du für die Sauce. Die fermentierten Pilze trockne ich immer für 5-6 Stunden bei 70°C in Ofen und mahle sie anschließend zu feinen Pulver. Das Pilzpulver kann luftdicht verschlossen über Monate aufbewahrt werden und immer dort zum Würzen eingesetzt werden, wo ein zusätzlicher Umami- und Kokumi-Kick benötigt wird.

Die Zubereitung der fermentierten Pilzsauce erinnert ein wenig an die einer Beurre blanc. Zuerst kochst Du den fermentierten Pilzsaft mit Pilzbrühe und einreduzierter Sahne auf. Dann mixt Du nach und nach kalte Butterwürfel unter bis die Sauce schön bindet.

Das gewisse Etwas

Abgerundet wird mein Gericht durch ein paar eingelegte Vogelbeeren (nach diesem Grundrezept). Diese steuern sowohl Süße, Säure, als auch Fruchtigkeit bei, sowie eine gewisse bittere Note, die dem Gericht eine zusätzliche Geschmackskomplexität verleihen.

Vogelbeeren

Anrichten

Das fertig abgeschmeckte Pilz-Orzotto – mit einem Servierring – mittig auf dem Suppenteller platzieren. Mit etwas fermentiertem Pilzpulver bestreuen und die gebratene Krause Glucke daraufsetzten. Servierring entfernen und die fermentierten Pilzsauce angießen. Zum Schluss einige eingelegte Vogelbeeren auf der Krause Glucke verteilen. Fertig zum Servieren.

Ich wünsche guten Appetit!

Pilz-Orzotto mit gebratener Krause Glucke und eingelegten Vogelbeeren

Pilz-Orzotto – Krause Glucke – Vogelbeeren

Herbstzeit ist Waldpilzzeit. Dieses Pilz-Orzotto mit gebratener Krause Glucke, fermentierter Pilzsauce und eingelegten Vogelbeeren ist einfach nur lecker. Pilzgeschmack pur – mehr geht nicht! Ein absolutes Highlight für alle Pilzliebhaber.
Gericht Hauptgericht
Portionen 4 Personen

Zutaten
  

Pilz-Orzotto

  • 400 g Perlgraupen (Gerste)
  • 1 Zwiebel
  • 1,5 l Pilzbrühe (siehe Grundrezepte)
  • 250 ml alkoholfreier Riesling
  • 100 g Butter
  • 100 g Bergkäse (gerieben)
  • 1 EL fermentiertes Pilzpulver
  • Salz

Krause Glucke

  • 800 g Krause Glucke, geputzt (entspricht ungefähr 1 kg frischem Pilz)
  • 2-3 EL Butter
  • Salz & Pfeffer

Fermentierter Pilzsaft/fermentiertes Pilzpulver

  • 500 g Champignons
  • 10-12 g Salz

Fermentierte Pilzsauce

  • 50 ml fermentierter Pilzsaft
  • 50 ml Pilzbrühe
  • 200 ml Sahne
  • 200 g Butter

zum Servieren

  • 2 EL eingelegte Vogelbeeren (siehe Grundrezepte)

Anleitungen
 

Pilz-Orzotto

  • Die Perlgraupen ein paar Minuten trocken in einer Pfanne rösten, bis sie schön gebräunt sind und nussig duften. Dann mit dem alkoholfreien Riesling ablöschen und einkochen lassen.
  • Parallel dazu die Zwiebel schälen und in feine Würfel schneiden. Einen Esslöffel Butter in einer kleinen Pfanne zerlassen, die Zwiebelwürfel darin glasig dünsten und anschließend zu den Perlgraupen geben.
  • Etwa 250 ml Pilzbrühe angießen. Wenn die Graupen die Brühe aufgenommen haben, unter stetem Rühren, nach und nach schöpferweise heiße Pilzbrühe zufügen, bis die Perlgraupen “al dente” gegart sind. Das dauert etwa 20-25 Minuten.
  • Hitze reduzieren und die Butter, sowie den geriebenen Bergkäse, unterrühren. Weiter rühren, bis das Orzotto eine cremige – "schlotzige" – Konsistenz hat.
  • Mit Salz abschmecken und – vor dem Servieren – mit etwas fermentiertem Pilzpulver bestreuen.

Krause Glucke

  • Die Krause Glucke in mundgerechte Stücke zerteilen.
  • Die Butter in einer Pfanne heiß werden lassen und die Pilzstücke für etwa 5 Minuten von allen Seiten darin anbraten. Mit Salz und frisch gemahlenem Pfeffer abschmecken.

Fermentierter Pilzsaft/fermentiertes Pilzpulver

  • Die Champignons in dünne Scheiben schneiden, mit dem Salz vermengen, vakuumieren und 7 Tage bei Zimmertemperatur fermentieren lassen.
  • Den Beutel öffnen und den Inhalt in ein Sieb abgießen. Den Saft auffangen und 50 ml davon für die fermentierte Pilzsauce verwenden. Den Rest kann in einem sterilen Einmachglas problemlos für einige Wochen im Kühlschrank aufbewahrt werden.
  • Die Pilze auf einem Backblech verteilen und für 5-6 Stunden bei 80 °C im Ofen trocknen. Die getrockneten Pilze abkühlen lassen und in einem Mixer zu einem feinen Pulver verarbeiten. Das fermentierte Pilzpulver kann luftdicht verschlossen nahezu unbegrenzt aufbewahrt werden.

Fermentierte Pilzsauce

  • Die Butter in kleine Würfel schneiden und zurück in den Kühlschrank stellen. Sie sollte bei der Verwendung wirklich kalt sein.
  • Die Sahne in einem Topf auf die Hälfte einkochen. Den fermentieren Pilzsaft und die Pilzbrühe dazugeben und einmal aufkochen.
  • Nun die kalten Butterwürfel mit einem Stabmixer in die Sauce einmixen, bis die Sauce bindet.

Anrichten

  • Das Pilz-Orzotto mit Hilfe eines Servierringes mittig auf dem vorgewärmten Teller platzieren und mit etwas fermentierten Pilzpulver bestreuen. Die gebratene Krause Glucke darauf anrichten und mit einigen eingelegten Vogelbeeren garnieren. Den Servierring entfernen und die fermentierte Pilzsauce um das Orzotto gießen. Fertig zum Servieren.

Inspiration

René Redzepi, David Zilber (2019) Das Noma-Handbuch Fermentation. Kunstmann Verlag. ISBN 978-3-95614-293-2.

Quellen

[1] Wang Q, Li J, Wang Y, Zhang X, Li K (2011) Comparison of Aromatic Components from Sparassis crispa Extracted by Static Headspace and Headspace-SPME. Sci Technol Food Ind 32: 174-176.

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