Der Maitake (Grifola frondosa) – zu deutsch Gemeiner Klapperschwamm – hat sich in den letzten Jahren zum Trendpilz in der Spitzengastronomie gemausert. Während er in Japan seit Jahrhunderten als Delikatesse gilt, wurde sein kulinarischer Wert bei uns lange Zeit verkannt. Ich habe in einem alten Pilzführer, den ich von meinem Großvater geerbt habe, folgende Bemerkung zum Klapperschwamm gefunden:
„…, wächst im Herbst am Grunde alter Eichen und ist kaum genießbar.“
Hermann Jahn (1968) Wir sammeln Pilze. Steckenpferd Bücherei
Ich bin im NOMA-Kochbuch von René Redzepi das erste Mal über den Maitake gestolpert. Seither habe ich ihn immer wieder auf den Speisekarten diverser Fine Dining-Restaurants wiedergefunden. Bei meinem letzten Besuch im OUKAN in Berlin, hatte ich dann endlich das Vergnügen persönlich in den Genuss des Maitake zu kommen. Der Pilz wurde in Thymianöl confiert und anschließend gegrillt. Das Ergebnis war eine wahre Gaumenfreude – komplexes, tiefes Aroma, intensives Umami & tolle Textur – die Lust auf mehr macht.
Ich habe mich dann umgehend auf die Suche nach Maitake-Pilzen gemacht. Glücklicherweise muss man nicht mehr die herbstlichen Wälder durchstreifen, um einen Klapperschwamm zu finden. Man bekommt ihn heutzutage als Zuchtpilz saisonunabhängig bei Pilzhändlern oder – wie ich – auf gut sortierten Wochenmärkten. Preislich ist der Maitake eher im oberen Segment der Zuchtpilze angesiedelt. Allerdings macht er dieses Manko durch sein einzigartiges Aromenprofil allemal wett.
Die Zubreitungsart des Maitake, wie ich sie in OUKAN kennengelernt habe – confieren & grillen – hat mich dermaßen überzeugt, dass ich zu Hause direkt mit dem Experimentieren angefangen habe. Das „Original“ weist, durch die Kombination mit Koji und Shisoblatt, einen deutlich asiatischen Einfluss auf. Demgegenüber erinnert mein Ergebnis eher an einem herbstlichen Waldspaziergang.
Pilze und Heidelbeere
Wenn ich an Pilze denke, kommen mir auch immer Heidelbeeren in den Sinn. Das mag an meiner Kindheit liegen. Mein Vater war leidenschaftlicher Pilzsammler und ich durfte ihn oft dabei begleiten. Allerdings war mein Interesse an Pilzen zu jener Zeit eher gering. Glücklicherweise überschneidet sich die Pilzsaison im Schwarzwald mit der von Heidelbeeren, so dass auch ich auf meine Kosten kam. Der Grundgedanke bei meinem Rezept war es also, diese Kindheitserinnerung auf den Teller zu bringen.
Dazu confiert man den Maitake zuerst in mit Wacholderbeeren aromatisiertem Butterschmalz. Anschließend wird der Pilz mit einer Marinade aus Shiro Shoyu, Shiro Miso und Ahornsirup bepinselt, das bringt zusätzliche Geschmackskomplexität und -tiefe. Kurz vor dem Anrichten wird der Maitake dann in einer heißen Pfanne ohne Fettzugabe scharf angebraten.
Heidelbeeren finden sich – vielleicht für manchen überraschend – überhaupt nicht in der Zutatenliste. Vielmehr verwende ich Saft aus heimischen Wildheidelbeeren (Vaccinium myrtillus). Wildheidelbeersaft weist, verglichen mit den – innen farblosen – Kulturheidelbeeren (Vaccinium corymbosum & deren Hybride), eine deutlich höhere Farb- und Geschmackstiefe auf. Der Saft kommt – in reduzierter Form – als Sellerie-Heidelbeer-Püree und Heidelbeer-Zwiebel-Creme auf den Teller.
Den beiden Hauptakteuren habe ich Knollensellerie und confiertes Eigelb zur Seite gestellt. Der Knollensellerie taucht in zweierlei Variationen auf dem Teller auf. Zum einen als feines Sellerie-Heidelbeer-Püree. Zum anderen wird er – mit Kaffee, Sternanis & Wacholder aromatisiert – als Ganzes im Ofen gegart und anschließend – in Stücke geteilt – in der Pfanne mit reduziertem Heidelbeersaft und Nussbutter glaciert.
Das Eigelb wird in Nussbutter bei niedriger Temperatur (65 °C) für eine Stunde im Ofen confiert. So bekommt es eine wunderbar cremige Konsistenz und dient in diesem Gericht so zu sagen als Saucenersatz. Zum Schluss, wälzt man das confierte Eigelb – vor allem der Optik wegen – noch vorsichtig in Pilzerde und bestäubt es mit Heidelbeerpulver. Einige Akzente von Schwarzer-Knoblauch-Creme runden das Ganze final ab.
Ich wünsche Guten Appetit!

Maitake – Sellerie – Heidelbeere
Zutaten
Confierter Maitake-Pilz
- 400 g Maitake
- 400 ml Butterschmalz
- 4 EL Wacholderbeeren angedrückt
- 1 EL Shiro Shoyu (Weiße Sojasauce)
- 1 EL Shiro Miso
- 1 EL Ahornsirup
- Kubebenpfeffer frisch gemahlen
Ofen-Sellerie
- 1 kleiner Knollensellerie
- 16 g Kaffeepulver frisch gemahlen
- 8 g Wacholderbeeren frisch gemahlen
- 4 g Sternanis frisch gemahlen
- 100 ml Butterschmalz flüssig
Heidelbeer-Zwiebel-Creme
- 300 g Zwiebeln
- 50 g Butter
- 150 ml Gemüsefond
- 150 ml Heidelbeersaft
- Salz, Kubebenpfeffer frisch gemahlen
Sellerie-Heidelbeer-Püree
- 400 g Knollensellerie geschält und gewürfelt
- 200 ml Sahne
- 2 EL reduzierter Heidelbeersaft
- Salz
Schwarze-Knoblauch-Creme
- 10 Schwarze Knoblauchzehen
- 50 ml Gemüsefond (siehe Grundrezepte)
Confiertes Eigelb
- 4 Eigelb
- 200 ml Nussbutter flüssig
- 4 EL Pilzerde
- 1 EL gefriergetrocknete Heidelbeeren pulverisiert
Anleitungen
Confierter Maitake-Pilz
- Maitake-Pilze in vier gleichgroße Stücke teilen und jeweils mit 1 EL Wacholderbeeren in möglichst passgenaue, feuerfeste Förmchen geben.
- Butterschmalz auf 150°C erhitzen und über die Maitake gießen. Die Pilze etwa ½ Stunde ziehen lassen, aus dem Butterschmalz nehmen und anschließend auf einem Kuchengitter abtropfen lassen.
- In der Zwischenzeit, Shoyu, Miso und Ahornsirup zu einer Marinade vermischen.
- Kurz vor dem Anrichten, die Maitake mit der Marinade bepinseln und in einer heißen, ungefetteten Pfanne scharf anbraten.
Ofen-Sellerie
- Knollensellerie waschen, abtrocknen.
- Kaffeepulver, Wacholder und Sternanis mit dem Butterschmalz mischen und den Sellerie damit einreiben.
- Die Knolle in Alufolie einpacken und bei 200 °C (Umluft) circa 1 h im Ofen garen.
- Den Sellerie etwas abkühlen lassen, schälen und in 8 gleichgroße Stücke teilen.
- Kurz vor dem Anrichten, Nussbutter und Heidelbeersaft in einer Pfanne erhitzen und die Selleriestücke darin glacieren.
Heidelbeer-Zwiebel-Creme
- Zwiebeln schälen, klein schneiden und etwa 5 min in der Butter andünsten.
- Mit Gemüsefond ablöschen und auf die Hälfe einreduzieren.
- Heidelbeersaft zufügen und köcheln lassen, bis die Flüssigkeit fast vollständig verdampft ist.
- Mit Salz und Kubebenpfeffer abschmecken und anschließend fein pürieren.
- Die Creme in eine Spritzflasche füllen und warmhalten.
Sellerie-Heidelbeer-Püree
- Selleriewürfel in der Sahne weichkochen und soweit einreduzieren bis die Flüssigkeit fast verdampft ist.
- Anschließend zusammen mit dem reduzierten Heidelbeersaft feinpürieren und durch ein Sieb streichen.
- Mit Salz abschmecken und in einer Spritzflasche warmhalten.
Schwarze Knoblauch-Creme
- Den schwarzen Knoblauch zusammen mit der Gemüsebrühe feinpürieren, durch ein Sieb streichen und in einen Spritzbeutel füllen.
Confiertes Eigelb
- Jedes Eigelb in ein kleines Schälchen geben und komplett mit der flüssigen Nussbutter bedecken.
- Die Schälchen in den auf 65 °C vorgeheizten Ofen stellen und die Eigelbe für etwa 1 Stunde garen.
- Die Eigelbe in ein Sieb abgießen und vorsichtig in der Pilzerde wälzen bis sie vollständig ummandelt sind. Mit Heidelbeerpulver bestäuben und sofort anrichten.
Anrichten
- Den glacierten Sellerie auf dem Teller platzieren, Maitake darauf anrichten und etwas Sellerie-Heidelbeer-Püree, Heidelbeer-Zwiebel-Creme und Schwarze-Knoblauch-Creme ringsherum verteilen. Das confierte Eigelb fertigstellen und auf dem Teller platziert. Nach belieben mit Veilchenblüten garnieren.
Da das Gericht mehrere verschiedene Komponenten auf dem Teller vereint, muss man sich bevor man anfängt einige Gedanken über den zeitlichen Ablauf der einzelnen Arbeitsschritte machen. Ich empfehle etwa 2½ Stunden bevor man servieren möchte mit dem Ofensellerie zu beginnen. Nach Ende der Garzeit kann er zwischenzeitlich problemlos auskühlen. Ist der Sellerie aus dem Ofen, confiert man die Maitake-Pilze. Sobald der Ofen weit genug abgekühlt ist, kommen die Eigelbe zum Confieren in den Ofen. Nun hat man noch genügend Zeit, um sich dem Püree und den Cremes zu widmen. Sind diese püriert und warmgestellt, beginnt sie heiße Phase vor dem Servieren. Die Selleriestücke werden nun glacieren und die marinierten Maitake scharf angebraten. Dann kann es ans Anrichten gehen.
Um mehr Zeit zum Anrichten zu haben, empfehle ich, die Teller zum Anwärmen zusammen mit den Eigelben in den Ofen zu stellen.