Bibbeleskäs – ein badischer Klassiker

Bibbeleskäs – Rohmilchquark – ist eine echte badische Spezialität. Das Tolle ist nicht nur sein Geschmack, sondern auch seine einfache Herstellung – denn er macht sich quasi von selbst.

Bibbeleskäs ist eine kulinarische Spezialität aus Baden und dem benachbarten Elsass. Es handelt sich bei „echtem“ Bibbeleskäs um einen Rohmilchquark. Während meiner Kinder- und Jugendzeit, bekam man diesen Vesperklassiker in fast jeder badischen Straußenwirtschaft, Gaststube oder Berghütte. Sei es als „Badisches Dreierlei“ – zusammen mit Wurstsalat und Brägele (Bratkartoffeln) – oder einfach mit Brot.

Leider wurde der Verkauf von Bibbeleskäs auf Rohmilchbasis auf Grund einer EU-Richtlinie Anfang der 1990er Jahre verboten. Die Gastwirte waren daher gezwungen „Ersatzprodukte“ aus Quark oder Schichtkäse anzubieten, die geschmacklich nicht an das Original heranreichen. Ich erinnere mich, dass ich meinen letzten „echten“ – schon illegalen – Bibbeleskäs während meines Studiums bei einer Exkursion am Feldberg im Schwarzwald gegessen habe. Mittlerweile ist der Verkauf wieder erlaubt, trotzdem sind nicht alle Gastwirte zur traditionellen Zubereitung zurückgekehrt.

Warum eigentlich Bibbeleskäs?

Woher der Bibbeleskäs seinen Namen hat, ist nicht eindeutig geklärt. Es gibt zwei unterschiedliche Möglichkeiten, die beide ihren Ursprung im Alemannischen haben. Die erste Erklärung hat mit der traditionellen Herstellung von Bibbeleskäs zu tun. Dabei gießt man die eingedickte Rohmilch in ein Sieb mit großen Löchern („Käsnapf“) und lässt die Molke ablaufen. Dabei hinterlassen die Löcher des Käsnapfes kleine Knubbel – auf alemannisch Bibbele – auf dem abgetropften Bibbeleskäs.

Zwei gelbe Origami-Küken

Bibbele ist aber auch der alemannische Ausdruck für kleine Küken. Früher sollen die Bauern die jungen Küken damit gefüttert haben, um sie aufzupäppeln oder zu mästen. Im Schwäbischen wird unser badischer Bibbeleskäs übrigens Luggeleskäs und im Fränkischen Ziebeleskäs genannt. Beide Namen gehen ebenfalls auf das Verfüttern an Küken zurück – was dieser Erklärung etwas mehr Nachdruck verleiht. Einige Vertreter der ersten Theorie bezweifeln allerdings, dass die sparsamen badischen Bauern den Käse an die Hühner verschwendet haben sollen, anstatt ihn selbst zu essen.

Da es keine abschließende Klärung gibt, woher der Bibbeleskäs seinen Namen hat, überlasse ich es Dir, welche Variante Dir besser gefällt.

Wie macht man Bibbeleskäs?

Die traditionelle Herstellung ist denkbar einfach. Im Prinzip muss man nichts tun, außer die Rohmilch abgedeckt stehen lassen bis sie sauer wird und eindickt. Je nach Temperatur kann dies ein bis zwei Tage dauern. Im Sommer geschieht dies manchmal auch schon über Nacht. Die eingedickte Milch gießt man anschließend in ein – mit einem Tuch ausgelegtes – Sieb ab und lässt die Molke für mehrere Stunden im Kühlschrank ablaufen. Je nach Gusto kann man vor dem Abgießen den Rahm abschöpfen oder auch nicht. Ich persönlich verzichte darauf. Fertig ist der Bibbeleskäs.

Als ich ein Kind war, hat mich meine Mutter ab und zu noch mit der Milchkanne zum Dorfbauern geschickt um Rohmilch zu holen. Heutzutage ist Rohmilch nicht mehr ganz so leicht zu bekommen, da die Hygienevorschriften mittlerweile sehr strikt sind. Aber vielleicht hast Du ja das Glück und ein Bauer in Deiner Nähe hat einen Ab-Hof-Verkauf für Rohmilch oder Du findest sogenannte Vorzugsmilch im Handel. In diesem Fall würde ich Dir unbedingt zur traditionellen Rohmilch-Variante raten, da das Aroma wesentlich komplexer und tiefer ist, als bei Variante mit pasteurisierter Milch. Zu bedenken ist allerdings, dass immer das Risiko besteht, dass die Rohmilch potentielle Krankheitserreger enthalten kann [1]. Aus diesem Grund sind die Bauern verpflichtet – bei Ab-Hof-Abgabe – den Warnhinweise „Rohmilch, vor Verzehr abkochen“ anzubringen.

Für den Fall, dass Du keine Rohmilch bekommst oder Dir deren Verwendung zu heikel ist, besteht auch die Möglichkeit den Bibbeleskäs aus nicht homogenisierter Vollmilch zuzubereiten. Da pasteurisierte Milch deutlich weniger Milchsäurebakterien enthält, braucht diese allerdings etwas Starthilfe. Dies kann durch Zugabe von Milchsäurebakterien oder durch Ansäuern mit Zitronensaft geschehen. Ich gebe immer 3 EL Schwedenmilch – schwedische Dickmilch – pro Liter Milch in meinen Bibbeleskäs-Ansatz. Die weitere Verarbeitung erfolgt dann auf die gleiche Weise, wie bei der Rohmilch-Variante. Das Stocken der Milch dauert allerdings meist etwas länger.

Egal für welche Variante der Herstellung Du dich entscheidest, ist Hygiene und sauberes Arbeiten die oberste Maxime. Der fertige Bibbeleskäs sollte immer einen angenehmen, mild säuerlichen Geschmack haben. Auf keinen Fall darf er auf irgendeine Weise unangenehm streng riechen oder schmecken. Im Zweifelsfall solltest Du den Ansatz unbedingt entsorgen und einen neuen machen.

Bibbeleskäs – klassisch und modern

Klassischerweise kommt Bibbeleskäs mit Schnittlauch und Zwiebeln angemacht und mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt auf den Tisch. Wem der Bibbeleskäs zu trocken und bröselig ist, kann noch etwas Sahne unterrühren, um ihn cremiger zu machen. Er passt hervorragend zu Kartoffelgerichten – wie Brat- oder Pellkartoffeln – oder zu frischem Brot.

Der große Vorteil an selbstgemachtem Bibbeleskäs ist, dass Du das Finish deinen eigenen kulinarischen Vorlieben anpassen kannst. So kannst Du die Zwiebeln weglassen oder die Kräuter variieren. Ganz nach Belieben. Ich habe ihn zum Beispiel in meinem Rezept „Rheinkiesel – Bibbeleskäs – Brunnenkresse“ mit Brunnenkresse kombiniert. Super lecker!

Egal wie Du den Bibbeleskäs genießt, ich wünsche Dir jedenfalls Guten Appetit!

Bibbeleskäs – ein badischer Klassiker

Bibbeleskäs – Rohmilchquark – ist eine echte badische Spezialität und gehört zu jedem anständigen badischen Vesper dazu. Das Tolle am Bibbeleskäs ist nicht nur sein Geschmack, sondern auch seine einfache Herstellung – denn er macht sich quasi von selbst.
Gericht Grundrezept
Küche Badisch
Portionen 300 g

Zutaten
  

Rohmilch-Variante

  • 2 l Rohmilch oder Vorzugsmilch

Vollmilch-Variante

  • 2 l nicht homogenisierte Vollmilch
  • 6 EL Schwedenmilch

Anleitungen
 

Rohmilch-Variante

  • Die Rohmilch in eine Schüssel geben und mit einem Tuch abdecken.

Vollmilch-Variante

  • Die nicht homogenisierte Vollmilch in eine Schüssel geben und die Schwedenmilch unterrühren. Mit einem Tuch abdecken.

Gemeinsame Arbeitsschritte

  • Die Schüssel an einen warmen Ort stellen bis die Milch eindickt. Bei Rohmilch geschieht dies nach 1-2 Tagen. Bei Vollmilch dauert es meist einen Tag länger.
  • Ein großes Sieb auf eine Schüssel setzen und mit einem Tuch auslegen. Die Dickmilch hineingießen. Je nach Geschmack kann man die gelbliche Rahmschicht vorher abschöpfen oder später unterrühren.
  • Die Schüssel in den Kühlschrank stellen und die Molke für etwa 12 h (über Nacht) abtropfen lassen. Je länger die Abtropfzeit desto trockener der Bibbeleskäs. Die aufgefangene Molke ergibt – gut gekühlt – ein erfrischendes Sommergetränk.

Quelle

[1] BVL (2020) Berichte zur Lebensmittelsicherheit – Zoonosen-Monitoring 2019. [Link zum PDF-download]

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