Kennst Du das, draußen ist alles grau in grau und Du suchst nach einer Möglichkeit der Wintertristesse zu entfliehen? Da habe ich genau das Richtige für Dich. Probiere mein heutiges Rezept für Bergamot Curd – oder Bergamotten-Creme – aus. Diese eher seltene Zitrusfrucht lässt einen Hauch Süditaliens durch Deine Küche wehen. Der betörend blumige Duft der Bergamotte (Citrus bergamia) sucht seinesgleichen. Dies hat übrigens auch schon der deutsche Botaniker Johann Christoph Volckamer vor über 300 Jahren so gesehen. Von ihm stammt die folgende Beschreibung der Bergamotte [1]:
„Diese Zitronen haben ihren Namen dahero /
weil sie an der Form denen Bergamotten Birnen gleichen /
und dann unter allen Sorten der Zitronen vor die edelste gehalten werden /
weil sie selbige durchgehend mit der Annehmlichkeit des Geruches übertreffen; …“
Volckamer (1708) Nürnbergische Hesperides, Oder Gründliche Beschreibung Der Edlen Citronat, Citronen, und Pomeranzen-Früchte.
Ich kann mich seiner Beschreibung nur anschließen – auch wenn ich wahrscheinlich andere Worte gewählt hätte. Das Aroma der Bergamotte ist einfach himmlisch. Das Gute ist, dass Bergamotten gerade jetzt in den Wintermonaten ihre Hauptsaison haben. Also mache Dich auf die Suche nach Bergamotten und lege los. Für mich ist Bergamot Curd jedenfalls das beste Mittel, um dem Winterblues Lebewohl zu sagen. Doch Vorsicht, es besteht Suchtgefahr!
Beg armudı – die Prinzenbirne
Der Name Bergamotte geht auf das osmanisch-türkische beg armudı (heutiges Türkisch: bey armudu) zurückgehen, was so viel wie „Herrenbirne“ oder „Prinzenbirne“ bedeutet [2]. Doch wieso heißen eine Zitrusfrucht „Prinzenbirne“? Nun, als Bergamotten bezeichnete man ursprünglich eine Gruppe von rundlichen Birnensorten, die ihren Ursprung in der heutigen Türkei haben. Wie wir von Herrn Volckamer erfahren haben, wurde der Name, auf Grund der ähnlichen Form der Zitrusfrucht mit diesen Birnen, auf diese übertragen [1,2]. Die Benennung von Zitrusfrüchten nach bekannten heimlichen Obstsorten scheint übrigens in Europa damals nicht unüblich gewesen zu sein. So wurden die Zitronatzitrone (Citrus medica) ursprünglich auch Zedernapfel genannt [siehe Tannenknödel – Zedernäpfel – Zedernnuss].

Komplizierter Stammbaum
Die Bergamotte ist nur als Kulturpflanze bekannt, das heißt, es gibt keine wilden Bergamotten. Daher ist nicht ganz sicher woher die Bergamotte ursprünglich stammt. Man vermutet aber, dass sie im Mittelmeerraum entstanden ist. Dies erklärt vielleicht auch, warum über 90 Prozent der weltweit angebauten Bergamotten aus Kalabrien – der Stiefelspitze Italiens – stammen.
Auch die genaue Familiengeschichte ist noch nicht vollständig geklärt – die Bergamotte ist ein Kind mit komplizierten Verwandtschaftsverhältnissen. Was man weiß ist, dass die Bergamotte durch wiederholte Kreuzungen aus mehreren Elternarten entstanden ist. Die Bergamotte beherbergt in ihrem Genom Gene von drei Ursprungsarten – Pampelmuse oder Pomelo (Citrus maxima), Zitronatzitrone (Citrus medica) und Mandarine (Citrus reticulata) [3,4,5]. Am wahrscheinlichsten ist, dass die Bergamotte durch die Kreuzung von Bitterorange (Citrus aurantium) und Zitrone (Citrus limon) entstanden ist [5,6,7]. Wobei beide Eltern ihrerseits ebenfalls durch Kreuzung entstanden sind. Die Bitterorange ist eine Hybride aus Pampelmuse und Manderine (C. maxima x C. reticulata), wohingegen die Zitrone das Kind einer Liaison von Bitterorange und Zitronatzitrone ist (C. aurantium x C. medica) [8]. Das heißt, dass die Bitterorange sowohl der Vater, als auch die Großmutter der Bergamotte ist – wie gesagt kompliziert.

Von einigen Autoren wurde auch eine Kreuzung von Bitterorange und Zitronatzitrone [3] bzw. Bitterorange und Süßer Limette (Citrus limetta) [9] diskutiert, wobei diese Arbeiten die Zitrone als Partner der Bitterorange nicht ausschließen. Die Süße Limette hat übrigens die gleichen Elternarten wie die Zitrone (Bitterorange x Zitronatzitrone), ist aber unabhängig von dieser entstanden [5,9].
Das grüne Gold Kalabriens
Wie ich schon oben erwähnt habe, werden über 90 Prozent der Bergamotten in Kalabrien geerntet. Allerdings gelangt nur ein kleiner Teil davon als Früchte in den Handel, weswegen die Bergamotte eine rare Kostbarkeit ist. Der größte Teil der Ernte wird zu tiefgrünem Bergamottöl gepresst – daher auch das grüne Gold Kalabriens genannt. Das blumig-zitrische Bergamottöl ist einer der begehrtesten Rohstoffe in der Parfümherstellung – und das seit Jahrhunderten. Denn mit Bergamottenduft soll schon zu Zeiten von Ludwig XIV das gesamte Schloss von Versailles parfümiert worden sein. Aber auch heute noch bildet Bergamotte die dominierende Kopfnote in vielen bekannten Düften – von Eau de Cologne bis CHANEL N°5.
Doch was genau macht den unvergleichlichen Duft der Bergamotte aus? Da Bergamottöl ein so überaus gefragter Rohstoff ist, gibt es glücklicherweise zahlreiche Untersuchungen, die uns diese Frage beantworten können [10-22]. Das ätherische Öl der Bergamotte ist durchaus komplex. Allerdings machen die vier Hauptkomponenten zusammen etwa 85 Prozent der Duftstoffe aus, so dass ich mich hier auf diese beschränke. Die beiden dominierenden Substanzen sind (R)-Limonen (38 %) – mit seinem typischen Zitrusduft – und das blumige (R)-Linalylacetat (30 %), das Assoziationen mit Lavendel und Bergamotte hervorruft. Der Anteil dieser Substanzen kann je nach Studie zwischen 15 und 60 Prozent schwanken. Daneben spielen noch das kiefernartige γ-Terpinene (7 %) und das blumige (R)-Linalool (10%) eine tragende Rolle.


Zusammenfassend könnte man den Bergamottenduft gewissermaßen als eine Kombination aus dem Duft von Zitronen und Lavendelblüten beschreiben.
Bergamot Curd – das Rezept
So jetzt weißt Du woher Bergamotten stammen, wie sie entstanden sind und nach was sie duften. Bleibt also nur noch die Frage, wie Du aus den Bergamotten ein super leckeres Bergamot Curd zauberst. Daher jetzt das Wichtigste – das Rezept für unser Bergamot Curd. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich, als ich zum ersten Mal über Bergamotten gestolpert bin, diese einfach gekauft habe – ohne Rezeptidee. Zuhause angekommen, habe ich dann das Internet durchforscht, was man daraus machen könnte. Schließlich bin ich auf dem Food-Blog „zartbitter & zuckersüss“ von Julia Stump fündig geworden, von dem dieses Rezept ursprünglich stammt.
Bergamot Curd ist eigentlich ganz einfach herzustellen. Du benötigst lediglich vier Zutaten – fünf, wenn Du die Prise Salz mitzählst. Dies sind Eier, Zucker, Butter und natürlich Bergamotten. Zuerst reibst Du die Schale der Bergamotten ab und vermischst den Abrieb mit dem Zucker. Wichtig ist, dass Du das Ganze kräftig durchknetest, damit die lysigenen Ölbehälter in den Bergamottenschalen in denen sich das ätherische Öl befindet aufgebrochen werden und so das Aroma optimal freigesetzt wird. Anschließend presst Du die Bergamotten aus und trennst die Eier. Für unser Rezept, brauchst Du nur die Eigelb, das Eiweiß kannst Du anderweitig verwenden.

Jetzt lässt Du die Butter im Wasserbad schmelzen und gibst – unter ständigem Rühren – den Bergamottensaft, den aromatisierten Zucker und eine Prise Salz hinzu. Wenn sich der Zucker vollständig aufgelöst hat, rührst Du die verquirlten Eigelb unter. Nun wird alles, unter ständigem Rühren, auf maximal 84 °C erwärmt, bis die Masse andickt. Falls die Masse die kritische Temperatur erreicht, kurz von Herd nehmen, um zu verhindern, dass das Eigelb stockt. TIPP: Ich verwende einen Rührspatel mit Thermometer, um die Temperatur zu überwachen. Zum Schluss musst Du nur noch die heiße Masse in sterile Gläser füllen und sofort verschließen.
Ich weiß leider nicht genau, wie lange sich Bergamot Curd hält. Auf Grund des Säuregehaltes denke ich aber, dass man Bergamot Curd – trotz der nicht vollständig durcherhitzten Eigelbe – bedenkenlos 4-6 Wochen im Kühlschrank aufbewahren kann. Aber ehrlich gesagt stellt sich die Frage nach der Haltbarkeit eigentlich überhaupt nicht. Dieser Bergamot Curd ist so lecker, dass er innerhalb kürzester Zeit aufgebraucht ist. So ist es jedenfalls bei mir.
Übrigens eignet sich Bergamot Curd nicht nur als Aufstrich, sondern auch als Kuchenbelag oder für Desserts – wie bei meinem Rezept für „Bergamotteneis – Lakritzbaiser“. Probiere es unbedingt aus!
Ich wünsche Dir jedenfalls gutes Gelingen!

Bergamot Curd
Zutaten
- 6 Bergamotten
- 300 g Zucker
- 200 g Butter
- 10 Eigelb
- 1 Prise Salz
Anleitungen
- Die Einmachgläser, die Schöpfkelle und den Einfülltricher sterilisieren. Dazu den Backofen auf 130 °C vorheizen. Die Gläser spülen, abtrocknen und für mindestens 15 Minuten im Backofen sterilisieren. Die Deckel, die Schöpfkelle und den Einfülltricher ebenfalls für 15 Minuten in kochendem Wasser sterilisieren.
- In der Zwischenzeit die Bergamotten waschen und etwas hin und her rollen, um möglichst viel Saft zu gewinnen.
- Die Schalen der Bergamotten abreiben und mit dem Zucker vermischen. Mit den Händen kräftig durchkneten, um das Aroma optimal freizusetzen.
- Die abgeriebenen Bergamotten halbieren und 200 ml Saft auspressen.
- Die Butter in einem Wasserbad vollständig schmelzen und den Zucker, den Saft und das Salz zugeben. Solange rühren, bis sich der Zucker komplett aufgelöst hat.
- Die Eigelbe verquirlen und zu den anderen Zutaten geben.
- Nun wird alles, unter ständigem Rühren, über dem Wasserbad auf maximal 84 °C erwärmt, bis die Masse andickt. Falls die Masse die kritische Temperatur erreicht, kurz von Herd nehmen, um zu verhindern, dass das Eigelb stockt. Ich verwende einen Rührspatel mit Thermometer, um die Temperatur zu überwachen.
- Den fertigen Bergamot Curd in die sterilisierten Gläser abfüllen und sofort verschließen.
Inspiration
Julia Stump (2018) Bergamotte Curd – bei uns eher eine seltene Zitrusfrucht… aber sooo lecker! Food Blog „zartbitter & zuckersüss“
Quellen
[1] Volckamer JC (1708) Nürnbergische Hesperides, Oder Gründliche Beschreibung Der Edlen Citronat, Citronen, und Pomeranzen-Früchte. Verlag Johann Andreä Endters seel. Sohn und Erben. DOI: 10.11588/diglit.53471.
[2] Coşkun O (2016) A Voyage from Beg Armud – Prince´s Pear to Bergamot. J Inter Soc Res 9: 79-87. Türkisch mit englischer Zusammenfassung. [link]
[3] Nicolosi E, Deng ZN, Gentile A, La Malfa S, Continella G, Tribulato E (2000) Citrus Phylogeny and Genetic Origin of Important Species as Investigated by Molecular Markers. Theor Appl Genet 100: 1155-1166. DOI: 10.1007/s001220051419.
[4] Barkley NA, Roose ML, Krueger RR, Federici CT (2006) Assessing Genetic Diversity and Population Structure in a Citrus Germplasm Collection Utilizing Simple Sequence Repeat Markers (SSRs). Theor Appl Genet 112: 1519-1531. DOI: 10.1007/s00122-006-0255-9.
[5] Curk F, Ollitrault F, Garcia-Lor A, Luro F, Navarro L, Ollitrault P (2016) Phylogenetic Origin of Limes and Lemons Revealed by Cytoplasmic and Nuclear Markers. Ann Bot 117: 565-583. DOI: 10.1093/aob/mcw005.
[6] Shimizu T, Kitajima A, Nonaka K, Yoshioka T, Ohta S, Goto S, Toyoda A, Fujiyama A, Mochizuki T, Nagasaki H, Kaminuma E, Nakamura Y (2016) Hybrid Origins of Citrus Varieties Inferred from DNA Marker Analysis of Nuclear and Organelle Genomes. PLoS ONE 11: e0166969. DOI: 10.1371/journal.pone.0166969.
[7] Ahmed D, Comte A, Curk F, Costantino G, Luro F, Dereeper A, Mournet P, Froelicher Y, Ollitrault P (2019) Genotyping by Sequencing Can Reveal the Complex Mosaic Genomes in Gene Pools Resulting from Reticulate Evolution: a Case Study in Diploid and Polyploid Citrus. Ann Bot 123: 1231-1251. DOI: 10.1093/aob/mcz029.
[8] Wu G, Terol J, Ibanez V, López-García A, Pérez-Román E, Borredá C, Domingo C, Tadeo FR, Carbonell-Caballero J, Alonso R, Curk F, Du D, Ollitrault P, Roose ML, Dopazo J, Gmitter FG, Rokhsar DS, Talon M (2018) Genomics of the Origin and Evolution of Citrus. Nature 554: 311-316. DOI: 10.1038/nature25447.
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