Essbare Steine – Ziegenjoghurt – Meerrettich – Dill

Kartoffeln mit Quark 2.1: Essbare Steine mit Ziegenjoghurt, Gurke, grünem Apfel & aromatischer Meerrettich-Dill-Sauce. Eine herrlich erfrischende Vorspeise. Perfekt für heiße Sommertage.

Sommer wo bleibst Du?

Vielleicht hast Du Dir diese Frage in den letzten Wochen auch des Öfteren gestellt. Ich jedenfalls schon. Aber man muss positiv denken und für den Fall gewappnet sein, dass der Sommer doch noch seine Identitätskrise überwindet. Daher gibt es bei mir vorsorglich ein Rezept für eine herrlich erfrischende Vorspeise – „Essbare Steine – Ziegenjoghurt – Meerrettich – Dill“. Genau das Richtige, um den Sommer willkommen zu heißen.

Essbare Steine – harte Schale, weicher Kern

Essbare Steine klingt erstmal ungewöhnlich. Aber keine Angst, Du wirst Dir nicht die Zähne daran ausbeißen. Denn hinter meinen essbaren Steinen verbergen sich lediglich kleine Kartoffeln, umhüllt von einem dünnen, knusprigen Mantel aus Porzellanerde (Kaolin) und Laktose. Dieser verleiht den Kartoffeln die Optik von Kieselsteinen.

Die Idee der essbaren Steine stammt leider nicht von mir. Vielmehr entstammt sie den Gehirnwindungen von Andoni Luis Aduriz – einem der kreativsten & provokantesten Köche unserer Zeit [1]. Der spanische Spitzenkoch ist bekannt dafür, dass er in seinem Restaurant Mugaritz gerne einmal die kulinarischen Grenzen überschreitet. Ich sage nur pan azul (blaues Brot). Klingt vielleicht malerisch, aber dahinter verbirgt sich eine mit Roquefort-Schimmel (Penicillium roqueforti) geimpfte Brioche-Scheibe. Soll durchaus schmackhaft sein, sieht aber aus wie eine Scheibe verschimmeltes Toastbrot. Nichts für mich. Ich brauche keinen Ekelfaktor auf dem Teller. Aber seine essbaren Steine haben mich sofort begeistert und schon zu meinem Rezept „Rheinkiesel – Bibbeleskäs – Brunnenkresse“ – Kartoffeln mit Quark 2.0 – inspiriert. Da ich ein bekennender Fan von Kartoffeln mit Quark bin, gibt es heute Version 2.1.

Die Zubereitung der essbaren Steine ist recht unkompliziert – wenn man alle Zutaten parat hat. Du musst lediglich aus Kaolin, Laktose (Milchzucker) und Wasser eine homogene Paste für den Überzug zusammenmischen und über Nacht im Kühlschrank „reifen“ lassen.

Nun kochst Du die kleinen Kartoffeln – je nach Größe – für 10-20 Minuten in Salzwasser und lässt sie danach für fünf bis zehn Minuten ausdampfen. Anschließend steckst Du jede Kartoffel auf einen Holzspieß und tauchst sie – unter ständigem Drehen – in die Überzugspaste. Die Spieße steckst Du in eine Halterung und stellst diese für 30 Minuten bei 60°C Umluft in den Ofen. Anschließend nimmst Du die Steine von den Spießen, verschließt das Einstichloch mit etwas Paste und legst sie für weitere 15 Minuten zurück in den Ofen, bis der Überzug vollständig getrocknet ist.

Du solltest ungefähr 90 Minuten vor dem Servieren mit dem Kochen der Kartoffeln beginnen, um sicher zu gehen, dass die Ummantelung auch wirklich trocken ist. Die fertigen essbaren Steine kannst Du bis zum Anrichten im Ofen warmhalten.

Dill – der stark Duftende

Neben den essbaren Steinen ist sicherlich der Dill (Anethum graveolens) die tragende Komponente auf dem Teller – sowohl geschmacklich, als auch optisch. Ich liebe das intensive Aroma das der Dill verströmt und dieses Kraut unverwechselbar macht. Darauf weist übrigens auch der botanische Artname „graveolens“ hin, der sich aus den lateinischen Wörten gravis („schwer“) und olere („riechen“) zusammensetzt – frei übersetzt „stark duftend“. Doch was genau verleiht dem Dillkraut diesen charakteristischen Duft? Es ist – nomen est omenDillether [2,3,4].

Dillkraut (Anethum graveolens)

Dillether ist auch unter den Namen Anethofuran oder 3,9-Epoxy-1-p-menthen bekannt und verströmt den typischen Dillduft. Wissenschaftlich korrekt (IUPAC) heißt die Verbindung übrigens (3S,3aS,7aR)-3,6-Dimethyl-2,3,3a,4,5,7a-hexahydrobenzofuran. Da bleibe ich doch lieber bei Dillether.

Daneben spielen noch weitere Verbindungen, wie die Monoterpene α-Phellandren und (S)-Carvon oder die Phenylpropanoide Myristicin und Dillapiol, eine Rolle am Duftbouquet [2-9].

Doch genug der Chemie und zurück zur Kulinarik. Der Dill kommt in diesem Gericht doppelt zum Einsatz. Einerseits in der Gurken-Marinade (siehe unten) und andererseits als aromatisches Dillöl. Hierfür musst Du den gehackten Dill mit einem geschmacksneutralen Öl in Hochleistungsmixer feinmixen und über Nacht im Kühlschrank ziehen lassen. Am nächsten Tag lässt Du das Dillöl in einem Kaffeefilter abtropfen. Das Öl bewahrst Du bis zur Verwendung wieder im Kühlschrank auf.

Cremiger Ziegenjoghurt

Kennst Du Labneh? Auch wenn Du vielleicht noch nie von Labneh gehört hast, verbirgt sich nichts Exotisches dahinter – es handelt sich um abgetropften Joghurt. Labneh hat seinen Ursprung in der levantinische Küche. Du musst dafür einfach nur Joghurt in ein Passiertuch geben und die Molke für eininge Stunden – am Besten über Nacht – abtropfen lassen. Fertig. Je länger Du die Molke abtropfen lässt, desto fester wird Dein Labneh. Für mein heutiges Rezept habe ich 750 ml Ziegenjoghurt so lange abtropfen lassen, bis sich 300 ml Molke im Abtropfgefäß gesammelt hat.

Meerrettich-Buttermilch

Mit Meerrettich (Armoracia rusticana) verbindet mich eine ganz besondere Beziehung. Besser gesagt mit einem seiner Bewohner – dem Meerrettichblattkäfers (Phaedon cochleariae). Ich habe mich nämlich über zehn Jahre lang mit dem Liebesleben dieses kleinen Blattkäfers beschäftigt. Daher kenne ich mich auch mit der Chemie des Meerrettichs bestens aus – aber dazu erzähle ich Dir vielleicht an andere Stelle etwas. Wenn es Dich interessiert, wie der Meerrettich zu seiner Schärfe kommt, kannst Du hier schon einmal etwas zu Senfölglykosiden nachlesen.

Für die Meerrettich-Buttermilch schälst Du den Meerrettich und reibst ihn fein. Anschließend gibst Du 40 g frisch geriebenen Meerrettich in 400 ml Buttermilch und lässt das Ganze über Nacht im Kühlschrank ziehen. Am nächsten Tag gießt Du die aromatisierte Buttermilch durch ein feines Sieb ab und stellst sie bis zur Verwendung kühl.

Geriebener Meerrettich

Ich würde Dir allerdings empfehlen, dass Du die Buttermilch vor dem Servieren probierst, denn die Meerrettichschärfe kann einem Tränen in die Augen treiben. Falls es Dir zu scharf sein sollte, kannst Du mit frischer Buttermilch bis zum gewünschten Schärfegrad verdünnen.

Marinierte Gurkenkugeln

Für die Marinade musst Du das Rapsöl mit Weißweinessig, Limettensaft, einigen Spritzern grünem Tabasco und gehacktem Dill verrühren. Dann stichst Du kleine Kugeln aus der Gurke aus und lässt diese in der Marinade für mindestens zwei Stunden im Kühlschrank ziehen.

Ausgestochene Kugenkugeln

Granny-Smith-Kugeln

Kurz vor den Anrichten stichst Du noch kleine Kugeln aus einem Granny-Smith-Apfel aus und legst diese – damit sie sich nicht verfärben – kurz in eine Schüssel mit Wasser und einer Prise Ascorbinsäure (Vitamin C).

Ausgestochene Kugeln von denem Granny Smith-Apfel

Anrichten

Zuerst mischst Du das Dillöl mit der aromatisierten Buttermilch und füllst die fertige Sauce in eine kleine Sauciere. Dann streichst Du den Ziegenlabneh ringförmig auf den Teller und platzierst die essbaren Steine darauf. Anschließend setzt Du die Granny-Smith-Kugeln und die marinierten sowie einige frisch ausgestochene Gurkenkugeln zwischen die Steine. Jetzt garnierst Du das Ganze noch mit einigen Dill-Blättern und Petersilienstielen. Fertig zum Servieren. Die Sauce gießt Du erst am Tisch in die Mittel des Labneh-Rings.

Kartoffeln mit Quark 2.1: Eine wunderbar leichte Vorspeise für warme Sommertage.

Ich wünsche Dir Guten Appetit!

Essbare Steine – Ziegenjoghurt – Meerrettich – Dill

Kartoffeln mit Quark 2.1: Essbare Steine mit Ziegenjoghurt, Gurke, grünem Apfel & aromatischer Meerrettich-Dill-Sauce. Eine herrlich erfrischende Vorspeise. Perfekt für heiße Sommertage.
Gericht Vorspeise, Zwischengang
Portionen 4

Zutaten
  

Essbare Steine

  • 20-28 sehr kleine Kartoffeln festkochend (z.B. La Ratte)
  • 60 g Kaolin (Porzellanerde)
  • 40 g Laktose (Milchzucker)
  • 80 ml Wasser

Dillöl

  • 200 ml Rapsöl
  • 100 g Dill

Aromatisierte Buttermilch

  • 400 ml Buttermilch
  • 1 Meerrettichwurzel
  • Salz

Ziegenlabneh

  • 750 ml Ziegenjoghurt

Marinierte Gurkenkugeln

  • ½ Salatgurke
  • 2 EL Rapsöl
  • 2 EL Weißweinessig
  • 1 EL Limettensaft
  • 2-3 Spritzer grünes Tabasco
  • 1 EL Dill gehackt

Zum Anrichten

  • 1 Granny-Smith-Apfel
  • ½ Salatgurke
  • Dillblätter
  • Petersilienstiele

Anleitungen
 

Essbare Steine

  • Kaolin, Laktose und Wasser zu einer homogenen Paste verrühren und 12 h (über Nacht) im Kühlschrank „reifen“ lassen.
  • Die Kartoffeln – je nach Größe – für etwa 10-20 Minuten in Salzwasser kochen und für 5 Minuten ausdampfen lassen.
  • Die ausgedampften Kartoffeln auf Holzspieße stecken und unter ständigem Drehen in die Überzugspaste tauchen bis sie vollständig umhüllt sind.
  • Die Spieße in eine geeignete Halterung stecken und die Kartoffelsteine für 30 Minuten bei 60 °C Umluft im Ofen trocknen.
  • Die Steine von den Spießen lösen und die Einstichstelle mit etwas Kaolinpaste verschließen. Für weitere 15 min bei 60 °C Umluft fertigtrocknen und bis zum Anrichten im Ofen warmhalten.

Dillöl

  • Den Dill hacken und mit dem Öl im Hochleistungsmixer für 5 Minuten bei maximaler Leistung feinmixen. Für 12 h (über Nacht) im Kühlschrank ziehen lassen.
  • Das Öl am nächsten Tag durch einen Kaffeefilter abgießen und bis zur Verwendung lichtgeschützt im Kühlschrank aufbewahren.

Aromatisierte Buttermilch

  • Die Meerrettichwurzel schälen und fein reiben. Es werden 40 g benötigt.
  • Den frisch geriebenen Meerrettich in die Buttermilch einrühren und über Nacht ziehen lassen. Die Buttermilch am nächsten Tag durch ein feines Sieb abgießen, mit Salz abschmecken und bis zur Verwendung im Kühlschrank aufbewahren.

Ziegenlabneh

  • Den Ziegenjoghurt in einem Passiertuch aufgehängt für mehrere Stunden (am besten über Nacht) abtropfen lassen. Die austretende Molke auffangen, um den Grad der "Entwässerung" zu bestimmen. Für mein Rezept wären das bei 750 ml Joghurt etwa 300 ml Molke. Vor den Anrichten den Labneh cremig rühren.

Marinierte Gurkenkugeln

  • Mit einem Kugelausstecher kleine Kugeln (Ø 1cm) aus der Salatgurke ausstechen.
  • Rapsöl, Essig, Limettensaft, Tabasco und den gehackten Dill mischen und die Gurkenkugeln darin für 2 Stunden im Kühlschrank marinieren lassen.

Anrichten

  • Das Dillöl mit der aromatisierten Buttermilch mischen und in eine kleine Sauciere füllen. Kleine Kugeln (Ø 1cm) aus der Gurke und dem Granny-Smith-Apfel ausstechen . Die Apfelkugeln kurz in eine Schüssel mit Wasser und einer Prise Ascorbinsäure legen, damit sie nicht braun werden.
  • Den Ziegenlabneh ringförmig auf den Teller streichen und die essbaren Steine darauf platzieren. Anschließend die Granny-Smith-Kugeln und die marinierten sowie einige frisch ausgestochene Gurkenkugeln zwischen die Steine setzen. Jetzt noch mit Dill-Blättern und Petersilienstielen garnieren. Fertig zum Servieren.
  • Die Sauce wird erst am Tisch in die Mittel des Labneh-Rings gegossen.

Inspiration

[1] Aduriz AL, Vergara J, Lasa D, Oliva O, Perisé R (2012) Culinary Trompe-l’Oeil: A New Concept in Coating. Int Gastron Food Sci 1: 70-77. DOI: 10.1016/j.ijgfs.2011.11.008

Quellen

[2] Huopalahti R, Lahtinen R, Hiltunen R, Laakso I (1988) Studies on the Essential Oils of Dill Herb, Anethum graveolens L. Flavour Fragr J 3: 121-125. DOI: 10.1002/ffj.2730030307.

[3] Blank I, Grosch W (1991) Evaluation of Potent Odorants in Dill Seed and Dill Herb (Anethum graveolens L.) by Aroma Extract Dilution Analysis. J Food Sci 56: 63-67. DOI: 10.1111/j.1365-2621.1991.tb07976.x.

[4] Blank I, Sen A, Grosch W (1992) Sensory Study on the Character-Impact Flavour Compounds of Dill Herb (Anethum graveolens L.). Food Chem 43: 337-343. DOI: 10.1016/0308-8146(92)90305-L.

[5] Pino JA, Rosado A, Goire I, Roncal E (1995) Evaluation of Flavor Characteristic Compounds in Dill Herb Essential Oil by Sensory Analysis and Gas Chromatography. J Agric Food Chem 43: 1307-1309. DOI: 10.1021/jf00053a034.

[6] Faber B, Bangert K, Mosandl A (1997) GC–IRMS and Enantioselective Analysis in Biochemical Studies in Dill (Anethum graveolens L.). Flavour Fragr J 12: 305-314. DOI: 10.1002/(SICI)1099-1026(199709/10)12:5<305::AID-FFJ659>3.0.CO;2-7.

[7] Rădulescu V, Popescu ML, Ilieş DC (2010) Chemical Composition of the Volatile Oil from Different Plant Parts of Anethum graveolens L. (Umbelliferae) Cultivated in Romania. Farmacia 58: 594-600. [pdf]

[8] Rana VS, Blazquez MA (2014) Chemical Composition of the Essential Oil of Anethum graveolens Aerial Parts. J Essent Oil Bear Plants 17: 1219-1223. DOI: 10.1080/0972060X.2014.894894.

[9] Farmanpour Kalalagh K, Mohebodini M, Fattahi R, Beyraghdar Kashkooli A, Davarpanah Dizaj S, Salehifar F, Mokhtari AM (2023) Drying Temperatures Affect the Qualitative–Quantitative Variation of Aromatic Profiling in Anethum graveolens L. Ecotypes as an Industrial–Medicinal–Vegetable Plant. Front Plant Sci 14: 1137840. DOI: 10.3389/fpls.2023.1137840.

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